It’s not about perfection – it’s about precision

by | Jan 13, 2020

Keine Mission ist jemals perfekt – man sollte meinen, wenn Kampfflugzeuge in enger Formation nur wenige Meter voneinander entfernt fliegen, darf es keine Fehler geben – „no margin for Error“, wie es so schön heißt. Die Wahrheit ist aber, dass Fehler regelmäßig passieren und es die perfekte Mission nicht gibt. Zugegeben sind die Grenzen für Fehler bei einigen Verfahren und Manövern sehr eng und die Spielräume klein. Fehler passieren immer wieder einmal – jedoch werden diese meinst schnell erkannt, und können so korrigiert werden, bevor sie schlimmere Folgen haben.

Aber Fehler behandeln wir in einem späteren Blog noch. Sprechen wir zuerst etwas über den richtigen Mission Mindset!

Das Ziel ist nicht die perfekte Mission, das Ziel ist die Erfüllung des Auftrages! Um das zu erreichen, muss man den Plan, jedes Manöver, jedes Verfahren so nah wie möglich am Optimum, der Situation angepasst, geflogen werden.

Das Tool dazu ist Präzision!

Perfektion kann immer nur das Endresultat von etwas sein – aber wie kommen wir da hin?

Das geht nur, wenn man so genau wie möglich arbeitet. Kampfpiloten sind sich bewusst, dass es die perfekte Mission nicht wirklich gibt, aber wir versuchen trotzdem jeden Tag, genau das hinzubekommen. Indem wir jedes noch so kleine Detail beachten!

– Pay attention to Detail – Remember?

Ich habe diese Lektion erst in meiner Umschulung auf den Tornado in England wirklich gelernt. Als junger Leutnant mit gerade mal knapp über 300 Flugstunden, hat man zwar schon ein paar Erfahrungen gesammelt und durchaus anspruchsvolle Ausbildungsabschnitte gemeistert, doch so richtig hatte ich das mit der ultimativen Präzision noch nicht verinnerlicht. Bis zu dem Tag meines ersten Fluges mit dem Tornado im Winter 1994 auf RAF Cottesmore, England.

Mein Fluglehrer war ein Squadron Leader (vergl. Major) der Royal Air Force. Zu diesem Zeitpunkt war er der 2. erfahrenste Pilot auf dem Tornado mit fast 3.000 Stunden auf dem Muster. Wir hatten uns schon am Freitagabend im Offiziers Casino kennengelernt und nachdem ich ihm ein paar Drinks seines Lieblingsgetränks spendiert hatte, meinte er wir würden sicher eine gute Zeit haben – das würde sich später bewahrheiten!

Mein erster Flug mit dem Tornado war am folgenden Montag. Ich war gut vorbereitet und hatte mich im Simulator auch nicht allzu dumm angestellt, also sah ich dem Flug mit einer Mischung aus positiver Vorfreude, Aufregung und nervöser Anspannung entgegen. Die Erwartungen an den Flugschüler auf dem ersten Flug mit einem neuen Muster sind noch nicht so hoch, sollte also ein cooler Flug werden.

War es auch – es war sogar ziemlich cool, das erste Mal in einem richtigen Kampfflugzeug und keinen Trainer zu fliegen – dazu kam, dass ich davon überzeugt war, ich hätte mich echt gut angestellt.

Ich hatte die Ground Ops ohne großartige Hilfestellung gemeistert (also das Flugzeug angelassen und zur Startbahn gerollt), ich hatte alle geplanten Flugmanöver gezeigt, war in der Platzrunde solide geflogen und konnte das Flugzeug schon „relativ“ problemlos landen.

„I felt pretty good about myself” – wie man auf Englisch so schön sagt – bis zum Debriefing…

„Chris, that wasn’t too bad. But, what we really need to work on, is accuracy!”

WTF???

Ich gebe zu: ich habe zuerst nicht ganz verstanden, was er damit gemeint hat. Aber als guter Flugschüler akzeptiert man die Meinung des Lehrers – „Yes, Sir“, im Zweifel hat er sowieso recht. Argumentieren macht in der Regel nicht viel Sinn. Allerdings hatte mein Fluglehrer wohl meinen etwas verdutzten Gesichtsausdruck erkannt, den ich für einen Sekundenbruchteil gehabt haben muss.

„We will work on that tomorrow” – sagte er nach dem Debriefing. Der Flug war sonst ganz ok – und genau das wurmte mich – nur ganz ok. Dass musste sich ändern.

Nächster Tag, nächste Mission

Same procedure as yesterday – Anlassen, Start, ein wenig Tiefflug, Aircraft Handling, und dann in die ersten Landeanflüge. Nach meiner ersten Landung starte ich wieder durch für die nächste Platzrunde in Cottesmore.

„I have the aircraft“ hörte ich die Stimme im Kopfhörer –  “let me try one“.

“Ok, Sir, you have the aircraft”

Ok, dachte ich. Kann ich mich ein wenig entspannen und zusehen wie er das macht. Sie müssen eines wissen: Der Fluglehrer hat auf dem hinteren Sitz im Tornado in der Trainerversion die viel schlechteren und unpräziseren Instrumente. Der Höhenmesser zum Beispiel zeigte immer einige Fuss anders an alas vorne, deshalb musst man immer den Piloten im vorderen Sitz fragen, was die „richtige“ Höhe ist, und das dementsprechend addieren oder subtrahieren. Auch musste man immer 10 Knoten schneller fliegen, weil der Backup Geschwindigkeitsmesser hinten keine Korrektur vornahm. Vorne gab es ein Computerberechnetes HUD Display mit Flighpathmarker – hinten nicht, dort gibt es nur unpräzise Eieruhren.

Ich konnte meinen Augen kaum trauen – er flog die gesamte Platzrunde „spot on“ – da war nicht eine größere Abweichung zu sehen. Unglaublich! Das war es, was er meinte – ich hatte, glaube ich, noch nie jemanden so präzise ein Flugzeug fliegen sehen.

Jetzt war mein Ehrgeiz geweckt – vorher dachte ich, das was ich da machte war gut genug (auch für hohe Standards), dann war es genau das nicht. Es geht immer noch besser.

Sich jeden Tag dazu zu zwingen, etwas so gut wie nur irgend möglich zu machen, so perfekt wie möglich, ist durchaus eine Herausforderung. Weil es zu Beginn wirklich anstrengend ist. Es ist nicht für jede Tätigkeit gleich, und es ist jeden Tag anders. Es sind viele Faktoren, die “passen” müssen. Jede Mission, jedes Meeting, jedes Briefing, jeder Sales Pitch, jedes Projekt ist anders. Da ist es ganz normal, dass wir das Optimum nicht immer erreichen können. Und unsere Umgebung verändert sich dazu auch ziemlich dynamisch. Es sind ständige Anpassungen nötig um am Optimum zu sein.

Aber wenn wir es gar nicht erst probieren, werden wir nie auch nur in die Nähe kommen.

Auf dem Waffenlehrer (oder Top Gun) Lehrgang geht es genau um diese Präzision. Jedes Manöver im Luftkampf, jedes Waffeneinsatzverfahren wird bis auf einen Knoten, einen Fuss, einen Grad genau mit den vorgegebenen Soll-Werten verglichen.  Werden vorher definierte Abweichungen überschritten, fliegen Sie die Mission nochmal. Es gibt nur eine zweite Chance…  

Kampfpiloten probieren jeden Tag, die perfekte Mission zu fliegen – doch die perfekte Mission wird es nie geben. Wir versuchen es trotzdem.

Das hat einen Effekt – Sie werden jeden Tag ein kleines bisschen besser. Sie kommen jeden Tag ein klein wenig näher an das Optimum heran. Und, sie werden sehen wie normal Präzision auf einmal wird. Sie merken es gar nicht mehr – es passiert einfach. Es ist Teil ihrer Workethic geworden.

It’s not about Perfection – it’s about Precision! 

For my FWIC Friends

„SOLA PRAECISIO VALET“