Plan for Success…

by | Jan 7, 2020

Eine der coolsten Erfahrungen meiner jungen Kampfpilotenkarriere war die Teilnahme am Tactical Leadership Programme – TLP. Dieses internationale Ausbildungsprogramm existiert heute noch immer und blieb bis heute vom Konzept nahezu unverändert.

Als junger Oberleutnant mit gerade einmal 500 Flugstunden warteten auf mich 4 Wochen Aufregung, Herausforderungen, Spannung, Spass, Stress, Party und 15 sensationelle Missionen. Alle im Verbund mit anderen Nationen und Flugzeugmustern. So etwas hatte ich bisher noch nicht erlebt – jede Mission war eine neue unbekannte Herausforderung.

Der Dienstplan sah ca. 12h Dienst vor. Für Planen, Briefen, Fliegen und Debriefing. Der endet ca. um 19:00. Die ganze Klasse verlegte dann schnell zum Abendessen in die Kantine um dann anschliessend in der TLP Bar zu „crashen“. Die Bar wurde abends schnell zum Fokuspunkt für die Rückbetrachtung des Tages mit den anderen Piloten und um die eine oder andere spannende Geschichte zu erzählen – wir erzählen sehr gerne Geschichten. Die einzige Aufgabe die wir als Lehrgangsteilnehmer hatten, war immer für ein Ersatzbierfass zu sorgen, damit die Versorgung immer gesichert war. Die Bar schloss immer pünktlich um 0:00h. Überprüft wurde dies höchstpersönlich durch Geschwaderkommodore – nicht ohne vorher noch einen Drink mit uns zu nehmen, und uns dann anschließend hinauszuwerfen.

Er musste schließlich sicherstellen, dass wir die offizielle 12 Stunden Regel von „bottle to throttle“ auch alle einhalten. Die Starts waren am Folgetag nie vor 12:00 lokal geplant.

A Fighter Pilots Dream – nichts anderes als Fliegen, Fighter Pilot Bar, Schlafen, Fliegen, usw.

Aber ich schweife vom Thema ab – wir wollten ja über Planung reden.

SOP – Standart Operating Procedure

Die erste Woche startet recht langsam und besteht nur aus theoretischen Unterrichten der Teilnehmer über ihr Waffensystem und des TLP Staff über Planung von komplexen Missionen. Am Ende der Woche müssen die Teilnehmer über das erste Wochenende eine SOP (Standard Operating Procedure) erstellen. Diese SOP bildet in den kommenden 3 Wochen die Grundlage für sämtliche Planungen. Die SOP dient dazu, bestimmte Planungsabläufe zu standardisieren und so zu beschreiben, dass nicht für jede Mission immer wieder neue Verfahren entwickelt werden müssen. Wenn etwas „SOP“ ist, weiß jeder was das bedeutet – unmissverständlich! Das spart in der Planung viel Zeit.

Die 4 T’s

Die Herausforderung beim TLP ist, dass man für die gesamte Planung einer Misison nur ca. 3 Std Zeit – dann muss alles für das Briefing fertig sein – sonst gehen wir nicht fliegen.

Das ist durchaus knapp, aber so gewollt.

Damit gleich zu Beginn nicht zu viel Zeit mit Diskussionen vergeudet wird, wandten wir zum Planen ein simples Schema an.

Wir nennen es die 4 T’s.

Kampfpiloten lieben Akronyme – so wie dieses:

 Task – Target – Threat – Tactics

 Der designierte Package Commander für den Tag hat ca. 15 min Zeit die Eckpfeiler für die Mission festzulegen. Es ist keine Diskussionsrunde oder dergleichen, hier müssen bereits Entscheidungen getroffen werden.

TASK

Die Aufgabe wird konkret definiert – was ist unsere eigentliche Aufgabe, unser „Mission Objective“, haben wir es verstanden, können wir es durchführen, haben wir die nötigen Ressourcen?

TARGET

Bei den meisten Missionen wird ein Ziel vorgegeben. Wir müssen entscheiden, wie wir dieses Ziel bekämpfen, mit welcher Bewaffnung, mit welchen Einsatzverfahren – das muss zu diesem Frühen Zeitpunkt entschieden werden – der ganze Plan wird dann um diese Verfahren „herumgebaut“.

THREAT

Dieser Schritt ist vielleicht der wichtigste der ganzen Planung! Es ist der Schritt, in dem wir Lösungen für alle möglichen Probleme finden müssen. Insbesondere natürlich auch gegen die Feinddarstellung oder „Red Air“. Die werden alles daransetzen, zu verhindern das der Plan funktioniert.  In der Luft ist keine Zeit mehr für irgendwelche Diskussionsrunden oder Stuhlkreise mit gemeinsamem Brainstorming – da muss sofort gehandelt werden!

Wir beschäftigen uns mit allen möglichen Gefahren oder „Threats“, die unseren Plan gefährden können. Das beinhaltet neben dem möglichen Gegner aber auch Wetter, Ausfälle, technische Probleme, usw.

Um den Erfolg der Mission zu garantieren, muss man sich schon vorher mit den möglichen Problemen auseinandersetzen, nicht erst dann, wenn sie passieren!

TACTICS

Im letzten Schritt geht es dann um die Umsetzung. Wie kommen wir zum Ziel? Wie setzen wir unsere Ressourcen ein, wo werden diese Platziert, wer fliegt an welcher Position, wie sehen die Zeitabstände aus?

Wenn nun keine Fragen mehr sind geht es an die Erarbeitung der Missionsunterlagen, Karten, Zeitpläne, Flugpläne, Treibstoffberechunung, etc.

  

Wir machen keinen Plan B…we stick to the plan!

Warum haben wir keinen wirklichen Plan B? Das ist ganz einfach:

Wir versuchen sowieso den besten Plan zu machen und durchzuführen – Remember: Plan for Success – warum sollten wir also Zeit dafür vergeuden noch einen anderen (nicht so guten) zu machen. Wir können in der Luft nicht mehr die gesamte Flugroute ändern, andere Bewaffnung wählen oder komplett andere Zeiten festlegen. Das würde nur in Chaos enden und ist im Verbund mit vielen Flugzeugen auch nicht möglich.

Was wir allerdings tun ist folgendes: Wir beschäftigen uns mit den Schwächen und Gefahren unseres Plans schon am Boden. Kein Plan ist jemals perfekt, und kaum eine Mission läuft immer genau wie geplant ab. Aber wir versuchen so viele Probleme schon im Vorfeld zu bestimmen und zu lösen. Die Zeit, die hier zusätzlich in die Planung investiert wird, ist es auf jeden Fall wert.

Viele Unternehmen beschäftigen sich erst immer dann mit Problemen, wenn Sie akut auftreten. Erst dann wird viel Zeit investiert, um Probleme zu lösen. Das kostest in der Regel viel Zeit und vermutlich in der Folge viele Ressourcen und Geld.

Warum bereitet man sich nicht besser auf solche Situationen vor? Weil es unangenehm ist? Weil man sich nicht mit möglichen Problemen im Vorfeld auseinandersetzen will? Weil man lieber an den Erfolg glaubt?

Hoffnung ist keine Strategie – Glück ist keine Taktik

Kampfpiloten können sich nicht auf das Prinzip Hoffnung verlassen – wir wollen sicherstellen, dass wir auf jedes Problem eine Antwort haben. Das ist Grundlage unserer Denkweise – es bestimmt alles was wir tun – nicht auf ein Problem zu warten, sondern für alles eine Lösung zu haben und vorbereitet zu sein!

If you don’t plan to win – you have already lost!